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Bitzer Allerlei

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Die geschichtliche Darstellung

 

Der „Berg“, wie die beiden Gemeinden Bitzen und Forst von der umwohnenden Bevölkerung meist genannt werden, gehörte schon sehr früh (13. Jahrhundert) zum Kirchspiel Hamm und zur Grafschaft Sayn.

Die, heute bekannte, erstmalige urkundliche Erwähnung von Bitzen erfolgte im Jahre 1487.

   

Der Name Bitzen wurde, nach heutiger Deutung, abgeleitet aus dem alten Wortlaut „bi den Zünnen“ oder „bynnen den Zynnen“, was auf einen eingezäunten Besitz oder Hof hinweist. Der Name Dünebusch wurde früher auch „Dünnbusch“ oder „Dinnbusch“ geschrieben, was nichts anderes als „dünner Busch“ bedeutet, also ein langgestreckter größerer Mischwald (siehe auch: Entstehung der Ortsnamen).

Unter den Grafen von Sayn bildeten die Orte Bitzen, Dünebusch und Pirzenthal eine Sende. Aus dieser Sende ging in preußischer Zeit die Gemeinde hervor. In früherer Zeit lebte die Bevölkerung mehr schlecht als recht von den kargen Erträgen der Landwirtschaft, die der überwiegend steinige Boden erbrachte sowie vom Erzbergbau, der schon sehr früh nachgewiesen werden kann.

   

Die größte Rolle für die Bewohner auf dem „Berg“ spielte aber über ein Jahrhundert lang (1831 bis 1931) die Eisenerz-Grube „St. Andreas“ in Bitzen, gingen doch 90 Prozent der männlichen Bevölkerung der beiden Berggemeinden dem schweren und gefahrvollen Beruf des Bergmannes nach. Die Grube sicherte jedoch andererseits den Bergmannsfamilien das tägliche Brot. Somit bedeutete die Grubenschließung im Jahre 1931 einen herben wirtschaftlichen Schlag für die Gemeinde, von dem sie sich nur schwer erholte. Heute stellt sich die Gemeinde Bitzen als eine ruhige, dörflich strukturierte Wohngemeinde dar.

 

Die ehemalige Schule Dünebusch

Anfang der 1700-iger Jahre wurde in Dünebusch Schule gehalten. In welcher Art, ist nicht bekannt. Überliefert ist, dass der Besitzer des Erzbergbaus in der Gemeinde Bitzen im Jahre 1729 zwei Reichstaler und 60 Kreuzer aus dem Anteil seiner Kuxen (heute mit Aktien vergleichbar) an die Schule bezahlte.
In der Publikation „Schulen und Schulwesen im Hammer Land“ sowie im Hammer Heimatbuch von 1956 wird erwähnt, dass der Lehrer, ein Ackerer Heinrich Klein aus Bellingen, im Jahre 1730 für seine Lehrtätigkeiten in Forst und Bitzen 4 Reichstaler und 60 Kreuzer erhielt. Bei diesen Schulen handelte es sich um sogenannte Ding-, Send- oder Heckenschulen, d.h. in wechselnden Häusern wurde unterrichtet.
Niedergeschrieben ist auch, dass im Jahre 1808 für den Schulunterricht im Bereich Bitzen ein Schulkapital von 146 Reichstaler und 75 Kreuzer vorhanden war. Sechzehn Jahre später waren es sogar 252 Reichstaler und 22 Kreuzer.
Mit Erlass vom 27. November 1837 ordnete die königlich preußische Regierung zu Koblenz die Einrichtung von Bezirksschulen an. Im Kirchspiel Hamm waren es vier dieser Art, darunter auch eine für die Orte Dünebusch, Bitzen und Pirzenthal mit Standort in Dünebusch. Die nächste war in Forst, wo im Jahre 1842 ein Fachwerkgebäude für die Einrichtung einer Schule erworben wurde.
Den 1837iger-Erlass kann man als Beginn eines „fast“ geregelten Schulbetriebes auf dem „Berg“ bezeichnen.
Acht Jahre später kam es zu einem Einschnitt in der Schulgeschichte der Gemeinde Bitzen. Bürgermeister Lanzendörfer und Schulinspektor Pfarrer Seippel verfügten mit den Schulvorständen die Zuordnung der Schüler aus Dünebusch und Bitzen zur Schule Forst und die Kinder aus Pirzenthal zur Etzbacher Schule. Dabei gingen auch die Tische und Bänke aus der Schulstube Dünebusch nach Forst über.
Im Jahre 1879 erhielt der Lehrer ein Jahresgehalt von 1.000 Mark. Finanziert wurde dieses mit 170,80 Mark von Bitzen, 369,20 Mark aus Forst und 460.00 Mark aus dem Staatsfond.
In der Schule Forst stiegen die Schülerzahlen kontinuierlich an. Um 1880 waren es 130; es musste vor- und nachmittags unterrichtet werden. Daraufhin schaltete sich die Bezirksregierung ein und genehmigte im Eiltempo den Neubau einer Schule in Dünebusch. Für diesen wurden Grundstücke am 30. Mai 1882 erworben. Der Gemeinderat vergab den Auftrag am 14. Dezember 1882 an Maurermeister Könemund aus Wissen zum Preis von 12.260 Mark. Die Bruchsteine kamen aus dem Bellinger Steinbruch. Der große Tag der Übergabe fand am 30. September 1884 statt. Fortan gingen die Kinder aus Bitzen, Dünebusch und Pirzenthal in die neue Schule.

 

Die ehemalige Schule Dünebusch ist heute in Privatbesitz

Achtundzwanzig Jahre später erfolgte eine Erweiterung durch den Bauunternehmer Hahmann aus Opsen. Der Kostenaufwand belief sich auf 19.708 Mark. Ergänzt wurde das Schulareal ab 8. September 1964 mit einer Schulbaracke. Diese sollte eine vorübergehende Lösung bis zu einem Neubau einer Schule sein. Die beiden Berggemeinden hegten nämlich den Wunsch, eine Mittelpunktschule mit Turnhalle im Bereich des jetzigen St.-Andreas-Hauses zu beantragen. Eine Besichtigung mit der Bezirksregierung fand statt, die jedoch das Projekt am 14. Juli 1965 ablehnte. Man intervenierte seitens der „Berges“ mit aller Macht. Nach einer weiteren Besichtigung erklärte sich Koblenz bereit, eine gemeinsame Grundschule ohne Turnhalle zu genehmigen. Trotz diesbezüglicher Ratsbeschlüsse vergingen weitere Jahre. Die Schülerzahlen sanken; das Vorhaben wurde gestoppt.
Die rheinland-pfälzische Schulreform Ende der 1960-iger Jahre/Anfang der 1970iger Jahre machte auch in Dünebusch nicht Halt. Am 31. Juli 1972 schloss die Schule, die sich heute in Privatbesitz befindet.

Text und Foto: Rolf-Dieter Rötzel

Die Grube St. Andreas in Bitzen

Postkarte um 1900

Vorwort 

„Glück auf“ hieß es etwa 400 Jahre bei der Grube „St. Andreas“ in Bitzen, nördlich der Sieg „Auf dem Berg“ gelegen und zugleich nördlichsten Zipfel von Rheinland- Pfalz. Das Titelbild zeigt einen Blick auf diese einstige Arbeitsstätte und bedeutungsvollen Grubenbetrieb.

Während sich auf dem Foto die einzelnen Betriebseinrichtungen markieren lassen, sind heute neben wenigen erhalten gebliebenen Gebäuden nur noch Konturen auf dem ehemaligen Grubengelände zu erkennen.

Die meisten Aufzeichnungen und Unterlagen über die Grube „St. Andreas“ wurden bei Bombenangriffen in den beiden Weltkriegen völlig vernichtet; sodass man jetzt nur durch Erzählen von noch lebenden Bergleuten und durch Aufzeichnungen in verschiedenen, nachträglich herausgegebenen Büchern etwas über die Grube „St. Andreas“ erfahren kann.

1.  Grubenfelder in der Umgebung von Bitzen 

Ein Blick auf die Karte der Grubenfelder im Amt Hamm (s. Anlage) zeigt, wie bedeutend der Bergbau früher gewesen ist. Neben einer großen Zahl kleiner und kleinster Gruben sind besonders die drei Gruben „Huth“ bei Hamm, „Hohegrete“ bei Wickhausen und „St. Andreas“ in Bitzen zu nennen.  Das Alter der Grube „St. Andreas“, so ist in verschiedenen Büchern nachzulesen, lässt sich nur schätzen. Sie hat danach ebenso wie die „Huth“ in Hamm und die „Hohegrete“ in Wickhausen schon im 16. Jahrhundert bestanden. 

In der Umgebung von Bitzen sollen folgende Gruben betrieben worden sein: 1)

–    St. Andreas (auch alte Ausbeute genannt)
–    Bornkaule
–    Bitzerseifen
–    Kupferner Hirsch
–    Wilhelmstrost

Diese Gruben waren schon vor dem Jahre 1800 durch mehrere Stollen verbunden.

1) Heimatbuch Hamm (Sieg) – H.G. Mack – 1956 

2.   Stollen und Gangzüge der Grube St. Andreas

Die Bergrevierbeschreibung von 1885 weist auf einen amtlichen Bericht des Bergmeister Stein, wonach der Betrieb früher von einer Gewerkschaft geführt wurde, der bis zur Auflösung im Jahre 1812 u.a. vier Mitglieder des Fürstlich Nassau – Weilburgischen Hauses mit dem Erbprinzen Georg Wilhelm an der Spitze angehörten. Diese Leute hatten aus dem Holperbachtal den Georg Wilhelm Erbstollen in westlicher Richtung vorgetrieben, nach den Gängen Kupferner Hirsch und Bitzerseifen.

Beide Gänge erwiesen sich als so stark verquarzt, dass sie nicht mit Gewinn gebaut werden konnten.Nach diesem Misserfolg löste sich die Gewerkschaft im Jahre 1812 auf. 

Aus dem Tal im Westen von Bitzen, das den Namen „im Wallenborn“ trägt, gingen zwei Stollen in den Berg und zwar der Bornkauler Stollen nach der Grube dieses Namens (Bornkaule) und der Christbescherungsstollen nach der Grube „St. Andreas“ 

Weil man die Fortsetzung der „St. Andreas – Bornkauler Gangzuges“ im Süden der Felder „Wilhelmstrost – Ernestine“ vermutete, wurde dieser Gang zuletzt 1927-1930 durch einen angesetzten Stollen auf eine Länge von 100 m untersucht. Obwohl die Gangkluft 1-3 m breit war, ließen sich über den Stollen nur noch 650 to Erz gewinnen, weil der Gang bis zu dieser Tiefe abgebaut war. Die alte Grube Wilhelmstrost bei Dünebusch hatte früher einen 25 m tiefen Schacht, durch den ein 2 – 2,5 m mächtiger Gang mit Brauneisenstein und Spat- eisenstein auf 25 m Länge erschlossen war. Der Stollen brachte eine Tiefe von rund 40 m.  1927 wurden die alten Baue von der Deutsch-Luxemburgischen Bergwerksgesellschaft zum Teil aufgewältigt und anschließend nur noch wenig Braun- und Spateisenstein abgebaut. Die Lagerstätte erwies sich bei rund 2 m Mächtigkeit besonders im Süden als stark verquarzt. Der Abbau wurde 1929 wieder eingestellt.

Auszug aus Bergrevierbeschreibung v. Hamm (Sieg) v. 1885 
Beschreibung des Bergamtsbezirks Betzdorf 

3.   Förderungen der Grube „St. Andreas“ 

Auf der Grube „St. Andreas“ waren in den früheren Jahren, im 18. Jahrhundert, nur die Kupfererze abgebaut worden, während man den Spateisenstein liegen ließ oder auf die Halde kippte.

Im Jahre 1827 wurde die Grube „St. Andreas“ zusammen mit der „Heinrichshütte“ bei Hamm und den dazugehörenden Gruben von Johann Heinrich Dressler aus Siegen erworben und im Jahre 1831 durch den 250 m langen Christbescherungsstollen neu erschlossen. Der Vorstoß hatte sich gelohnt, denn die Vorgänger hatten den Spateisenstein liegen gelassen, so wurde jahrzehntelang Spateisenstein abgebaut.  1)

Seit 1800 wurde der Spateisenstein geröstet und dann zu den jeweiligen Gruben geschafft. Die Grube „St. Andreas“ hatte dafür Röstanlagen gebaut. Die gewonnen Erze wurden erst sortiert, gewaschen und dann geröstet. Im Jahre 1866 wurde ein Maschinenschacht abgeteuft und damit der Tiefbau begonnen. Der Schacht erreichte eine Tiefe von 280 m. Die Förderung, welche sich im Jahre 1884 auf 16969 to Spateisenstein und 203,66 to Kupfererz belief, wurde bis zur Stollensohle gehoben und gelangte von dort durch den Stollen entweder direkt zu den vorhandenen Röstöfen oder zu der Aufbereitungsanlage. 2)  

Ab 1897 war die Grube „St. Andreas“ im Besitz der „Wissener Bergwerks- und Hütten – AG“. Im Jahre 1901 wurde ein zweiter Schacht geteuft. Der Grube „St. Andreas“ war danach eine schnelle Aufwärtsentwicklung beschieden. Ein Höhepunkt der Förderung wurde im Jahre 1913 mit 117 392 to Roherz erreicht. 2)  

Seit 1903 war die Grube im Besitz von „Vereinigte Stahlwerke van der Zypen u. Wissener Eisenhütte AG“.

1) Hamm (Sieg) – Verlag G. Koch, Siegen – 1980
2) Heimatbuch Hamm (Sieg) – H.G. Mack – 1956

4.   Abtransport der Erze 

Bevor man im Jahre 1884 Seilbahnen baute, wurden die Erze mit Pferdefuhrwerken entweder an die Bahn oder zur „Heinrichshütte“ bei Hamm gebracht. Eine Seilbahnverbindung bestand zur „Heinrichshütte“ bei Hamm, zur „Alfredhütte“ in Wissen und zur „Alten Hütte“ in Wissen – Brückhöfe. Von 1904 bis 1919 war die „Heinrichshütte“ Hauptabnehmer der Bitzener Eisenerze, danach wurde per Seilbahn zur „Alfredhütte“ gefördert, ab 1922 wurde das Erz zur zentralen Aufbereitung „Alte Hütte“ in Brückhöfe transportiert. 

Die Seilbahn von „St. Andreas“ vereinte sich auf dem Alserberg in Wissen durch eine Winkelstation mit der von der Grube „Petersbach“ in Eichelhardt kommenden Linie in Richtung Wissen. In den 20er Jahren hatten Saboteure das Seil angefeilt, das unter der Last der unablässig heranrollenden Wagen zerriss. Alle Hängeloren prallten schließlich an der tiefsten Stelle zusammen. Die Täter wurden ermittelt und fristlos entlassen.

Auch die Grubenpost wurde mit der Seilbahn befördert, dafür wurde eine verschlossene Hängelore mitbefördert.

Heimatbuch Hamm / Sieg – H.G. Mack – 1956 

5.   Arbeiter kamen von weit her 

Die Bergleute auf der Grube „St. Andreas“ (ca. 400 – 500 Beschäftigte) waren nicht nur aus der Gemeinde Bitzen und Forst. Viele Arbeiter kamen aus benachbarten Dörfern, aus dem Oberbergischen Kreis oder sogar aus dem Nistertal und aus der Hachenburger Gegend zu Fuß oder mit dem Fahrrad nach Bitzen.  1)

Norbert Langenbach schreibt im Heimatkalender von 1981, Leute aus Nisterbrück gingen z. B. an der Nister entlang bis zur Nistermündung (Pirzenthal), durch die Sieg musste man mit Stelzen waten, was manch einem zu einem unfreiwilligen Bad verhalf. Über Pirzenthal ging es dann bergauf nach Bitzen. Wenn die Sieg Hochwasser führte, übernachtete man bei Bekannten in Pirzenthal, Dünebusch oder Bitzen. 

Später wurden auf dem Grubengelände Übernachtungsmöglichkeiten für weiter entfernte Arbeiter eingerichtet und es wurden Wasch- und Trockenräume und Umkleideräume gebaut. Auf dem Grubengelände waren ein Konsum und eine Bäckerei vorhanden, wohin auch die Frauen der Bergleute von weit herkamen, um einzukaufen.

1) Heimatkalender 1981 

6.   Blutiger Zusammenstoß

Am 3. Oktober 1923 kam es in Wissen zu einem blutigen Zusammenstoß. Die Unruhe über die wirtschaftliche Zukunft und der Unmut über schleppende Lohnverhandlungen hatten dazu geführt. Mehrere hundert streikende Bergleute der Gruben „St. Andreas“ (Bitzen), „Petersbach“„(Eichelhardt) und „Vereinigung“ (Katzwinkel) zogen vor das Haus der Grubenverwaltung. In Verhandlungen mit Betriebsratsmitgliedern erklärte Grubendirektor Lehmann, dass er die vereinbarte Lohnerhöhung wegen des noch fehlenden Schiedsspruches nicht auszahlen könne; er wollte jedoch dafür sorgen, dass sie im Laufe der folgenden Woche gewährt werde. Mit dieser Mitteilung forderte der Obmann der Grube „Vereinigung“ daraufhin die draußen wartenden Kollegen auf, den Heimweg anzutreten. Vor allem zahlreiche jüngere Leute gaben sich jedoch mit dieser Erklärung nicht zufrieden. Als Direktor Lehmann dann auf der Treppe des Verwaltungsgebäudes versprach, 25% am nächsten Morgen auszuzahlen, kam es zu einem Handgemenge.

Dabei zerbrach das Treppengeländer, das – mit dem Grubendirektor – polternd auf die Straße stürzte. Die aufgebrachte Menge sah sich plötzlich von Landjägern und Gendarmerie umstellt, die wegen der bereits erwarteten Auseinandersetzungen am Vortag in Wissen zusammengezogen worden waren. Schüsse fielen, die Menge flüchtete in alle Richtungen, acht Personen blieben schwer verletzt zurück, zwei davon starben kurz darauf im Wissener Krankenhaus.

„Erzväter“ – Berg- und Hüttenleute im Siegerland und
Westerwald, Verlag G. Koch, Siegen, 1982 

7.   Knappenchor und Arbeiterturnverein

Die Leute von damals kannten nicht nur die Arbeit, am 20. Juli 1881 wurde der erste Knappenchor unter Vorsitz des damaligen Obersteigers Fuchs und der Stabführung des Lehrers Hecheltjen aus Forst gegründet.

Allerdings war diesem Verein kein langes Leben beschieden, er löste sich im Jahre 1914 wieder auf. Als Erinnerung an den Knappenchor und den Bergbau in Bitzen wird seit 1965 im Herdorfer Heimatmuseum die Knappenfahne aufbewahrt. (s. Bild Nr. 3 u. 4) 

Nach dem Kriege trafen sich einige Sänger des Knappenchores und gründeten den MGV Dünebusch.

Kurze Zeit später gründeten ehemalige Knappenchorsänger in Forst den MGV „Glück auf“ Forst.   1)  Im Jahre 1903 wurde von den Bergleuten ein Arbeiterturnverein „Germania“ Bitzen gegründet, welcher heute den Namen „TUS Germania Bitzen“ trägt.   2)

1) Heimatbuch Hamm (Sieg) – H.G. Mack – 1956
2) Hamm (Sieg) – Verlag G. Koch, Siegen – 1980

8.   Überfall auf Lohngeldertransport

Die Lohngelder für die Bergleute der Grube „St. Andreas“ wurden zweimal im Monat mit der Pferdekutsche in Wissen geholt. An einem Tag im Jahre 1921 wurde der Lohngeldertransport in einem Waldstück auf dem Alserberg in Wissen überfallen. Mein Urgroßvater Robert Gelhausen, der über 50 Jahre bei den Gruben in Bitzen und Wissen, zuletzt als Lohnbuchhalter, tätig war, und diese Transporte oft begleitete, war an diesem Tag allerdings nicht dabei.

Drei Männer zwangen die Kutsche zum Einhalten und streuten dem Obersteiger und zwei Steigern Pfeffer ins Gesicht und banden sie anschließend an Bäume fest. Als die Pferde bei der Aufregung mit der Kutsche davon wollten, wurde ein Pferd angeschossen, welches in Wissen notgeschlachtet werden musste. Bis sich die Steiger vom Baum befreit hatten und bei der nahegelegenen Winkelstation der Seilbahn Hilfe holen konnten, waren die drei Männer mit den Lohngeldern, etwa 30.000 RM, auf und davon. 

An Hand einer am Tatort liegengebliebenen Pfeffertüte konnten die Täter ermittelt werden. Zwei davon konnten festgenommen werden, einer war ins Ausland geflüchtet und stellte sich Jahre später selbst der Polizei.

9.   Raritäten für Sammler 

Anlässlich der 850-Jahr-Feier in Hamm (Sieg), im Jahre 1980, trafen sich in Bitzen die letzten noch lebenden Bergleute (s. Foto Nr. 5) der Grube „St. Andreas“:

Wilhelm Krieger aus Wallmenroth, Gustav Krämer aus Forst, August Maus aus Dünebusch, Otto Geilhausen aus Neuhöfchen und Daniel Quarz aus Bitzen (die ersten vier genannten Bergleute sind inzwischen verstorben).

Sie erinnerten sich noch gut an die Arbeiten in der Grube „Sankt Andreas“. Sie erzählten unter anderem, dass die Grube „St. Andreas“ jahrelang als Fundort hervorragender Steine galt. Im nördlichen Erzgang gab es schöne Quarz- und Schwefelkieskristalle. Nur in einer Kluft entdeckte man Kappenquarze (mit Pyrit und Calcit) sowie an große Rosenblüten erinnernde Calcit-Kristalle. Diese Steine waren in Sammlerkreisen begehrte Raritäten.

Hamm (Sieg) – Verlag G. Koch, Siegen – 1980 
Siegener Zeitung vom 12. Juli 1980

10.   Das Ende der Grube „St. Andreas“

Im Jahre 1926 schien das Schicksal der Grube besiegelt zu sein, Arbeiter wurden entlassen, die Anlagen wurden aus der Grube herausgeschafft und man ließ die Grube „St. Andreas“ ersaufen. Sechs Monate später, im Jahre 1927, wurde sie wieder in Betrieb genommen. Das Wasser wurde abgepumpt und die Arbeiten begannen wieder.

Mit zunehmender Tiefe, die nach Auskunft der letzten noch lebenden Bergleute durch einen Blindschacht etwa 1000 m erreichte, nahm die Abbauwürdigkeit der Erzvorkommen alarmierend ab. Die Mächtigkeit des Hauptganges im Süden war zwar noch vorhanden, das Vorkommen aber größtenteils so porös, dass man ein Kubikmeterstück ohne weiteres mit einer Hand bewegen konnte. Die südliche Spitze des Haupteinganges war zudem berüchtigt wegen seiner Brüchigkeit. Schwere Holzbaue mit einer Stärke von je 35 cm stützten die von einem kolossalen Gebirgsdruck zermürbte Last des Ganges. Trotz noch manch guten Gedinges sahen sie mit der schwindenden Qualität der Gangvorkommen schon lange Zeit das Ende der Grube auf sich zu kommen.  Im Jahre 1928 betrug die Förderung von Spateisenstein 70548 to. 

Am Jahresende 1931 wurde die Grube „St. Andreas“ erneut und endgültig stillgelegt. Noch am letzten Tag wurde gefördert.    1) 

Die Einstellung des Betriebes der Grube war wirtschaftlich gesehen ein sehr schwerer Schlag für die Gemeinden Bitzen und Forst, wo die meisten Arbeiter herkamen. Nun begann auch für die Männer „vom Berg“ (so nennt man heute noch die Leute von Bitzen, Dünebusch und Forst) die Wanderschaft. Viele waren erst arbeitslos, bevor sie auf den Gruben in der Umgebung, wie „Petersbach“, „Wingertshardt“, „Vereinigung“ oder auf der zentralen Aufbereitungsstelle „Alte Hütte“ einen neuen Arbeitsplatz fanden; dorthin wurden sie dann mit Bussen gefahren. 

Obwohl der Bergmannsberuf sehr ungesund war, viele Bergleute, die „Unter Tage“ gearbeitet hatten, erkrankten an Staublunge und starben früh, konnten sich die Leute nur schlecht von ihrem erlernten Beruf trennen.

Die Abbruch- und Aufräumungsarbeiten der Grube dauerten ungefähr ein Jahr.  Die beiden Schächte wurden mit eisenarmierten Betonplatten abgedeckt, die Maschinen abtransportiert und verschiedene Anlagen abgebrochen. Die am Rande des Grubengeländes befindlichen Häuser (Villa des Grubeninspektors, Bürogebäude und Konsum) wurden nach und nach an Private verkauft. Das ehemalige Maschinenhaus wurde von dem Landwirt Wilhelm Krämer erworben und dient heute dessen Sohn als Stall und Heulager. Über der Eingangstür grüßt heute noch das Wahrzeichen des Bergbaues: Schlägel u. Eisen (S. Foto Nr. 6)  

Im Jahre 1972 wurden die Ländereien der ehemaligen Grube „St. Andreas“ von der Erzbergbau Siegerland AG (die mittlerweile im Besitz dieser Ländereien war) an meinen Großvater Robert Rötzel verkauft.

1) Hamm (Sieg) – Verlag G. Koch, Siegen – 1980 
2) Siegener Zeitung vom 12. Juli 1980 

Erinnerungen an „St. Andreas“ wurden wachgerufen

Bei der Erschließung eines neuen Baugeländes im Jahre 1978 „Auf dem Hasenberg“ in Bitzen wurde die Gemeinde vorsichtig, denn bei der stillgelegten Grube „Hohegrete“ war die Holzabdeckung eines Schachtes eingestürzt. Zum Glück war bei dem Einsturz niemand zu Schaden gekommen.

Unter einem Teil des neu zu erschließenden Baugeländes in Bitzen, „Auf dem Hasenberg“, liegen Stollen der Grube Bornkaule; durch Bohrungen und Aufgrabungen wurde festgestellt, wie tief die Stollen liegen. Um allen Gefahren aus dem Weg zu gehen, wurde ein Teil der Grundstücke aus dem Bebauungsplan ausgeschlossen. 

Im Jahre 1980 wurde die ehemalige „St. Andreas“ – Grube erneut ins Bewusstsein der Bevölkerung gerufen. Im Zuge des Ausbaues der Landstraße 267 (Opperzau – Bitzen – Forst) musste der 730 m tiefe Schacht (Schacht 2) neben der Straße auf seine Beschaffenheit überprüft werden. Zunächst wurde die Schachtabdeckung freigelegt. Es wurde festgestellt, dass der Schacht mit einer dicken Betonplatte abgedeckt war.

Mit Spezialbohrer wurde versucht die Stärke der Betonplatte festzustellen. Jedoch alle vorhandenen Bohrer schafften es nicht, durch die Platte zu kommen. Im September 1983 wurde sich erneut mit diesen Arbeiten beschäftigt. Eine Firma aus dem Ruhrgebiet schaffte es, mit einem Hydraulik – Meißel die Schachtabdeckung zu entfernen.

Am 27. September war es dann soweit, die Schachtanlage war offen. Zweiundfünfzig Jahre nach Stilllegung der Grube „St. Andreas“ hieß es noch einmal „Glück auf“. Es wurde, wenn auch nur für 27 Meter, weil bis dorthin Wasser stand, nochmals in den Schacht eingefahren. (siehe Zeitungsausschnitt S.25). Fachbauleiter Dr. Hülsmann vom WBK Bochum, Oberbergrat Weber vom Bergamt Koblenz und Mitarbeiter der bauausführenden Firma fuhren mit an einem Kranwagen hängenden Sicherheitskorb in den Schacht ein, um notwendige Untersuchungen vorzunehmen. 

Es wurde beschlossen, die Schachtanlage mit einem 25 m dicken Betonpfropfen abzusichern.

Am 18. Oktober 1983 wurde mit den Betonierungsarbeiten begonnen. Es wurde in 3 Abschnitten betoniert und ca. 300 cbm Spezialbeton für diesen Betonpfropfen benötigt. Ende Oktober waren die Arbeiten abgeschlossen und die Straßenbauarbeiten konnten beginnen.

Quellenverzeichnis 

Für meine Arbeit habe ich folgende Leute befragt: 

–    Daniel Quarz, Bitzen, ehemaliger Bergmann,
–    Willi Elster, Dünebusch, Rentner,
–    Thielmann, Bitzen, Rentner
–    Helmut Hörster, Dünebusch, Ortsbürgermeister,
–    Johanna Hostermann geb. Gelhausen, Bitzen, (meine Großtante und ehemalige Büroangestellte der Grube „St. Andreas“),
–    meine Großeltern Robert Rötzel und Irene geb. Gelhausen, Roth, früher Bitzen, heutige Besitzer des Grubengeländes.

Folgende Bücher habe ich mir zur Hilfe genommen: 

–    „Erzväter“ -Berg- u. Hüttenleute im Siegerland u. Westerwald-Verlag G. Koch, Siegen 1982 „Hamm (Sieg)“ – Begegnungen mit Menschen, Landschaft und Geschichte zwischen gestern und heute – G. Koch, Siegen herausgegeben anlässlich der 850-Jahr-Feier in Hamm 1980
–    Ausschnitt aus „Siegener Zeitung“ vom 12. Juli 1980
–    Heimatbuch Hamm (Sieg) – H.G. Mack – 1956
–    Auszug aus Bergrevierbeschreibung v. Hamm (Sieg) von 1885 Beschreibung des Bergamtsbezirks Betzdorf
–    Beschreibungen rheinlandpfälzischer Bergamtsbezirke, Band 1, Bergamtsbezirk Betzdorf ausgeliehen: Archiv Kreisverwaltung Altenkirchen
–    Heimatkalender 1981

Fotos: Rudi Eschmann, Bitzen

Abhandlung von Andreas Mohr